Traumjob MFA

Traumjob MFA

Ärztinnen und Ärzten bei der Patienten­behandlung assistieren, Termine koordinieren und ärztliche Leistungen abrechnen – dies sind nur einige der vielfältigen Aufgaben, welche Medizinische Fachangestellte (MFA) im ambulanten Sektor wahrnehmen. MFA sind heute unabdingbar für die bayerischen Praxen – dort aber auch eine gefragte Mangelware. Auf der Berufsbildungsmesse Nürnberg 2022, der größten Aus und Weiterbildungsmesse Deutschlands, startete die Bayerische Landesärzte­kammer (BLÄK) deshalb Mitte Dezember ihre brandneue Kampagne „Traumjob MFA“, um junge Menschen für das Berufsbild der/des MFA zu begeistern. Grund genug für einen Ortsbesuch am Messestand der BLÄK – wo kurze Zeit später Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, und der bayerische ­Gesundheitsminister Klaus Holetschek eintrafen und von der Bundesregierung einen Corona-Bonus für MFA forderten. Außerdem sprach sich Bayerns Ärztekammerpräsident auf der Messe für höhere MFA-Löhne sowie für eine Entbürokratisierung in den Praxen aus, um die Attraktivität des Berufsbilds weiter zu erhöhen.


Der neue Stand der BLÄK auf der Berufsbildungsmesse Nürnberg kam bei den Schülerinnen und Schülern gut an.

Laut ist es in den Hallen des weitläufigen Nürnberger Messezentrums. Gruppen von Schülerinnen und Schülern gehen von Stand zu Stand, vor Mitmachaktionen und kleinen Gewinnspielen drängt sich die Jugend. Dabei ist hier von der Dachdeckerinnung über die Bundespolizeiakademie und die Deutsche Bahn bis hin zu Unternehmensverbänden und Ministerien fast alles vertreten, was die Ausbildungswelt hergibt – fast 260 Austeller präsentieren sich und ihre Arbeit auf der Messe.

Dass Arbeitgeber momentan viele Gründe haben, für sich zu werben, bestätigt die Bayerische Arbeitsministerin Ulrike Scharf während ihrer Eröffnungsrede. Aufgrund des demografischen Wandels – es gebe in Deutschland immer mehr ältere und dafür weniger junge Menschen – ­hätten 2021 etwa 60.000 Ausbildungsplätze in der Bundesrepublik nicht besetzt werden können. In sämtlichen Berufszweigen suchten Arbeitgeber inzwischen händeringend Nachwuchs. Die von ihrem Ministerium geförderte „Berufsbildung 2022“ wolle deshalb Unternehmen und junge Menschen auf der Suche nach einer Ausbildung zusammenbringen. Daneben richte sich die Messe auch an Lehrerinnen und Lehrer und Eltern, die ihre Kinder bei der Berufswahl unterstützen möchten. „Ich wünsche Ihnen ein fröhliches Halali“, ermutigt Scharf die versammelten Arbeitgeber am Ende ihrer Ansprache und eröffnet damit die Jagd auf die Schüler.

Auf der Messe scheint Konsens darüber zu herrschen, dass es grundsätzlich eine Fachkräftelücke gibt, die Arbeitgeber in einen scharfen Wett­bewerb um Personal versetzt. Doch wie sieht es in den ärztlichen Praxen aus? Besteht auch dort ein Mangel an Auszubildenden? Dass eine Ausbildung zur/zum MFA zumindest weiterhin bei den Schülern angesagt sein könnte, darauf deuten die Trauben von jungen Leuten hin, die interessiert den neuen Messestand der BLÄK beäugen, sich dort im Blutdruck messen und Hände desinfizieren üben oder sich von jungen MFA anhand einer anatomischen Trainingspuppe die Lage und Funktion der Organe des menschlichen Körpers erklären lassen. Gleichzeitig erscheinen auch die nackten Daten auf den ersten Blick positiv. So ist die Zahl der registrierten MFA-Ausbildungsverhältnisse in Bayern in den vergangenen Jahren angestiegen, von knapp 8.000 im Jahr 2013 auf etwa 9.000 zum Jahresende 2021.

Quitterer: Politik muss Attraktivität des Berufsbilds MFA erhöhen

„Trotzdem haben die bayerischen Praxen derzeit große Schwierigkeiten, freie MFA-Stellen zu besetzen. Ich kenne Kolleginnen und Kollegen, die ihre Praxen deshalb nicht mehr weiter betreiben können – was gerade in ländlichen Regionen katastrophale Auswirkungen auf die medizinische Versorgung haben kann“, bedauert Ärztekammerpräsident Quitterer während eines Gesprächs am Messestand der BLÄK. Die Gründe für den hohen MFA-Bedarf seien dabei mannigfaltig. So benötige die alternde deutsche Bevölkerung zunehmend mehr medizinische Versorgung als die jüngeren Generationen. Ebenso gebe es heute mehr Behandlungsmöglichkeiten. „Außerdem haben wir das Problem, dass zu viele MFA nach der Beendigung ihrer Ausbildung nicht in den Praxen arbeiten, sondern berufsfremd tätig werden“, so Quitterer. Die Lösung? „Die Erhöhung der Attraktivität des Berufsbilds der MFA sollte ganz oben auf der Agenda der politischen Entscheidungsträger stehen. Dazu gehört eine Reduktion der Bürokratie in den Praxen – denn MFA wollen am Menschen arbeiten, nicht nur Formulare ausfüllen. Außerdem muss sich im heutigen Arbeitnehmermarkt eine Tätigkeit als MFA auch finanziell stärker lohnen. Ein wichtiger Beitrag der Politik könnte sein, den MFA als Zeichen der Wertschätzung für ihre wichtige Arbeit während der Pandemie endlich eine Corona-Sonderzahlung zu gewähren – die andere Gesundheitsberufe teilweise schon erhalten haben.“

Diese Ansicht von Quitterer teilt auch Gesundheitsminister Holetschek, der zusammen mit seiner Entourage und Professor Dr. Roland Fleck, CEO der Nürnberg Messe Group, den Messestand besucht. „Ich kann die Forderung der BLÄK nur unterstreichen. Bereits mehrfach habe ich den Bund aufgefordert, auch den MFA einen Bonus zukommen zu lassen. Diese verdienen eine finanzielle Würdigung ihrer herausragenden Leistungen in der Coronapandemie, denn sie waren und sind für Patientinnen und Patienten oft die erste Anlaufstelle bei einer Infektion oder der Therapie von Long-Covid.“


Quitterer und Holetschek (v. li.) forderten auf der Berufsbildungsmesse Nürnberg vom Bund eine Corona-Sonderzahlung für MFA.

Anschließend erläutert Bayerns Ärztekammerpräsident, warum Schüler eine Ausbildung zur/zum MFA in Betracht ziehen sollten. „Das Berufsbild ist überaus vielseitig und bietet spannende Aufgaben. MFA assistieren Ärztinnen und Ärzten beispielsweise bei der Untersuchung, Behandlung, Betreuung und Beratung von Patienten, führen aber auch organisatorische und Verwaltungsarbeiten durch, etwa die Abrechnung ärztlicher Leistungen oder die Planung und Koordinierung von Terminen.“ Wer im späteren Berufsleben zur Gesundheit seiner Mitmenschen beitragen wolle, solle deshalb unbedingt darüber nachdenken, eine MFA-Ausbildung zu beginnen. Dabei hätten MFA auch nach dem Ende ihrer Ausbildung zahlreiche Karriereoptionen. Zum Beispiel könnten MFA sich zu Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis weiterbilden oder sich im fachärztlichen Bereich spezialisieren – etwa durch eine Weiterbildung zur/zum Präventionsassistentin/-assistenten bei den Kinder- und Jugendärzten oder zur/zum Assistentin/Assistenten in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Ebenfalls könnten MFA verschiedene Curricula der Bundesärztekammer absolvieren, etwa in den Bereichen „Ambulantes Operieren“, „Diabetologie“, „Ernährungsmedizin“, „Dialyse und Nephrologie“ sowie „Palliativversorgung“.

Staatsminister Holetschek spricht sich auf der Messe dafür aus, MFA für weitere organisatorische und patientennahe Tätigkeiten in der Arztpraxis zu befähigen und ihnen über kurz oder lang mehr Kompetenzen zu übertragen, um die Attraktivität des Berufsbilds zu erhöhen. Welche Tätigkeiten das sein könnten, müsse auf Bundesebene geprüft und bewertet werden. „Ich kann mir hier auch Modellprojekte der Krankenkassen vorstellen“, so der Minister.

Neue Kampagne soll junge ­Menschen für MFA-Ausbildung begeistern

Mit der Kampagne „Traumjob MFA“, welche auf der Berufsbildungsmesse Nürnberg startet, möchte die BLÄK nun einen weiteren Beitrag dazu leisten, junge Menschen für das Berufsbild „MFA“ zu begeistern. Die Strategie? „Wir werden auf dieser und zahlreichen weiteren Veranstaltungen, etwa auf der Augsburger Messe „Gezial“ im Februar und auf der Fürther Messe „Vocatium“ im Mai über die Vorzüge einer Ausbildung zur/zum MFA informieren. Dabei tragen unser neuer, moderner Messestand, auf dessen Plakatwänden MFA aus sämtlichen Bereichen der Gesellschaft abgebildet werden, ansprechende Infoflyer und Aktionen wie etwa die Möglichkeit, an einer Puppe die Reanimation eines Menschen zu üben, dazu bei, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Besonders gut kommen bei den jungen Leuten auch die Live-Gespräche an unserem Stand mit waschechten MFA-Auszubildenden an, die Wissen direkt aus der Praxis vermitteln können und quasi unsere Markenbotschafter sind“, erklärt Quitterer. Darüber hinaus wolle die Kammer die jungen Menschen auf einer brandneuen Website mit Videobeiträgen über die Aufgaben von MFA und die Voraussetzungen für die Ausbildung zur/zum MFA informieren. Die Homepage kann unter der Webadresse www.traumjob-mfa.de eingesehen werden.


Professor Dr. Roland Fleck, CEO der Nürnberg Messe Group, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (v. re.), im Gespräch mit Medizinischen Fachangestellten auf der Berufsbildungsmesse Nürnberg.

Dass die Kampagne ein Erfolg werden könnte, zeigen Gespräche mit verschiedenen Messebesucherinnen und -besuchern am Stand. Viele von ihnen fasziniert die Aussicht, als MFA zur Gesundheit und zum Wohlergehen anderer Menschen beitragen zu können. So auch Vanessa Lauterkorn aus dem Nürnberger Umland: „Am Beruf MFA reizt mich, dass man kranken Menschen helfen kann. Ich habe in dem Bereich auch schon ein Praktikum gemacht und möchte mich jetzt am Stand weiter über die Möglichkeit einer Ausbildung informieren“, so die 14-Jährige.

Drei Fragen an …

... Patrick Froelian, Teamleiter Ausbildung der Abteilung Medizinische Assistenzberufe der BLÄK

1. Herr Froelian, Sie haben den Messestand der Bayerischen Landesärztekammer auf der ­Berufsbildungsmesse Nürnberg betreut. Was waren Ihre Eindrücke von der Messe?
Mit 150 bis 200 Besucherinnen und Besuchern pro Tag ist die Berufsbildungsmesse Nürnberg für uns nach einer langen coronabedingten Pause wieder ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt zur Gewinnung zukünftiger Auszubildender gewesen. Es war fantastisch zu sehen, dass so viele junge Menschen sich für eine Ausbildung zur/zum MFA interessieren. Sehr gefreut hat mich auch, dass Gesundheitsminister Holetschek und BLÄK-Präsident Dr. Quitterer mit ihrem Besuch am Stand ganz deutlich ihre Wertschätzung für den Beruf MFA gezeigt haben.

2. Kamen die Messeangebote der BLÄK zum Thema „Medizinische Fachangestellte“ bei den Besucherinnen und Besuchern gut an?
Ja, unsere Angebote kamen sehr gut an, vor allem das neue, modernere Design des Messe­standes, die verschiedenen neuen Flyer und Infomaterialien und die Mitmachangebote, wie zum Beispiel die Möglichkeit, Blutabnahmen oder die korrekte Händedesinfektion zu üben.  

3. Welche Fragen stellten die Besucherinnen und Besucher?
Viele Besucher erkundigten sich, welche Schulbildung es brauche, um eine Ausbildung zur/zum MFA aufzunehmen. Außerdem wurden Fragen zum Ablauf der Ausbildung und zur Ausbildungsvergütung gestellt.

Autor
Florian Wagle (BLÄK)

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