Rückkehr zu Balance und Verantwortung

119. Deutscher Ärztetag in Hamburg

Mit windigem Wetter begann der 119. Deutsche Ärztetag in Hamburg – stürmisch war zuletzt auch die Stimmung innerhalb der Ärzteschaft, ging es um Themen wie die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder die medizinische Versorgung von Flüchtlingen. Allen Unstimmigkeiten und Diskussionen zum Trotz, der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, hatte eine klare Botschaft an die 250 Delegierten und 1.000 Gäste: Rückkehr zur Balance und die differierenden Vorstellungen zu einem gemeinwohlorientierten Ergebnis lenken. Die Balance, der gerechte Ausgleich, müsse auch innerhalb der Körperschaften gelingen.

Bild 1: Über 1.000 Gäste kamen zu der Eröffnungsveranstaltung des 119. Deutschen Ärztetages in die neubarocke Laeiszhalle in Hamburg.( © Jürgen Gebhardt)

Gefüllte Reihen in der neubarocken Laeiszhalle in Hamburg, die einst ein Reeder Anfang des 19. Jahrhunderts gespendet hatte. Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, erinnerte in seinen begrüßenden Worten an den vergangenen Deutschen Ärztetag vor 25 Jahren in Hamburg. Seitdem sei die Gesundheitswirtschaft zu einer bedeutenden Sparte herangewachsen. „Bereits heute arbeitet jeder siebte in Hamburg in der Gesundheitswirtschaft“, erklärt Scholz. Mit der Krankenhausreform und zusätzlichen zehn Milliarden Euro Betriebsmitteln seien die Weichen gestellt. Der im Zuge der Reform eingeführte Investitionsfonds, den hälftig auch die Länder füllen müssen, sei dringend notwendig gewesen. Scholz betonte, wie wichtig es sei, den Reformstau innerhalb der stationären Versorgung und in der Pflege zu lösen. Hierbei seien Kostensteigerungen unumgänglich, jedoch müssten die Beiträge gerecht verteilt werden, nämlich solidarisch und paritätisch. „Medizinischer Fortschritt kostet Geld“, betonte Scholz, „daher ist eine gleich hohe Beteiligung der Arbeitgeber unumgänglich“, bekräftigte er, was das Auditorium mit Beifall bekundete. Die höheren Kosten im Gesundheitswesen dürften nicht allein den Arbeitnehmern aufgebürdet werden. Scholz begrüßte, dass die Ärzteschaft das Thema Arzneimittelpreisbildung auf dem Deutschen Ärztetag diskutieren wird. Zentral sei, medizinische Innovationen schnell an den Patienten zu bringen, dies allerdings zu fairen Preisen. Die Arzneimittelpreisbildung müsste wirtschaftlich und kosteneffizient erfolgen. Scholz sprach sich für eine flächendeckende Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge aus. Langfristig sei dies unbürokratischer und kostensparender, allerdings fehle hier eine länderübergreifende gesetzliche Regelung.

Wertschöpfung

In seiner Eröffnungsrede mahnte BÄK-Präsident Montgomery zu mehr Wertschätzung innerhalb des Gesundheitswesens; Wertschöpfung müsse immer mit der Wertschätzung von Patienten und Ärzten einhergehen. Medizinisch begründete Entscheidungen müssten immer Vorrang haben vor Gewinnmaximierung und Renditestreben. Die Prioritäten müssten klar sein, erst komme der Patient, dann seien ökonomische Fragen an der Reihe.

Jedoch seien vielerorts die Grenzen ökonomischer Zumutbarkeiten erreicht. Montgomery verwies dabei auf mögliche negative Folgen von Klinikprivatisierungen. „Schnelle Managerwechsel, Personalentscheidungen nach Gutsherrenart, und ‚hire and fire‘-Prinzipien auch in den Chefetagen der Krankenhäuser – das alles sind Auswüchse einer gewinn- und marktorientierten Privatisierung.“ An Klinik- und Kostenträger gewandt, sagte er: „Man kann das Thema Patientensicherheit nicht wie ein Mantra vor sich hertragen und zugleich billigend in Kauf nehmen, dass Ärzte dermaßen unter Druck gesetzt werden.“ Montgomery appellierte an die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern, endlich für ausreichend Investitionsmittel für die Krankenhäuser zu sorgen.

Balance zwischen Forschung und Entwicklung

Mit Blick auf das Thema Arzneimittelpreisbildung, dem sich das Ärzteparlament mit einem eigenen Tagesordnungspunkt widmet, mahnte Montgomery, die Preisgestaltung auf den Prüfstand zu stellen. „Hier muss die Balance gewahrt werden zwischen dem, was Forschung und Entwicklung an Mitteln brauchen, was der Markt bereit ist zu zahlen, und dem, was in einem solidarisch finanzierten System ethisch vertretbar ist. Es kann nicht sein, dass nur die Leistungsträger im Gesundheitswesen wie wir Ärzte zu sozialgebundenen Tarifen verpflichtet sind, die Pharmaindustrie aber ausschließlich marktorientiert agiert“, sagte Montgomery.

Streitthema GOÄ

Ausführlich sprach Montgomery auch über Arbeiten an der GOÄ und räumte Fehler ein. Nachdem der Verordnungsgeber über viele Jahre untätig geblieben sei, hätten Ärzte einen Anspruch auf ein angemessenes Honorar und eine rechtssichere GOÄ. Zum weiteren Vorgehen berichtete Montgomery, dass nunmehr ein mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Verband der Privaten Krankenversicherung abgestimmter Text der Leistungslegenden vorliege. Auch seien die Diskussionen auf der Sachebene mit den Berufs- und Fachverbänden intensiviert worden. Ziel sei eine modernisierte, rechtssichere, anpassungsfähige und zukunftsorientierte neue GOÄ. Zum Thema TTIP mahnte der BÄK-Präsident:  „Es geht hier um den langfristigen Erhalt der Qualität unseres Gesundheitswesens. Wir müssen deshalb sehr darauf achten, dass in den Verhandlungen unsere bewährten Standards nicht verhandelbar werden.“

Mannschaftsgeist und Teambuilding

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe lobte zu Beginn seiner Rede den Umgang und das Engagement aller Helfer bei der Ebola-Krise im vergangenen Jahr. Nun sei es von Nöten, dass die WHO die notwendigen Konsequenzen aus der Epidemie ziehe. Besonderen Dank sprach Gröhe auch den Mitarbeitern des Öffentlichen Gesundheitsdienstes aus, die ehrenamtlich tätig sind sowie dem Sanitätsdienst der Bundeswehr. „Die Herausforderung ist, aus vielen Spitzenleistungen unseres Gesundheits-systems eine bestmögliche Mannschaftsleistung zu machen“, so Gröhe.

Zum Streitthema GOÄ betonte Gröhe, eine Überarbeitung für überfällig zu halten. Darauf hatte er bereits bei dem 118. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf hingewiesen. Elementar sei, dass sich Beihilfe, PKV und Ärzteschaft auf eine weiterentwicklungsfähige Systematik einigten. „Ich halte nichts davon, wenn die Debatte über die GOÄ in der Politik mit Sozialneid verknüpft wird“, mahnte Gröhe zur Sachlichkeit. Er begrüßte eine öffentliche inhaltliche Auseinandersetzung zu den einzelnen Punkten der GOÄ. „Hier sind Weichenstellungen wichtig und setzen die Politik unter Zugzwang“, bekräftige er seine Unterstützung.

Deutlich bekannte sich der Bundesgesundheitsminister auch zum System der ärztlichen Selbstverwaltung. „Ich bin gegen eine Staatsmedizin und für ein von den Kostenträgern und der Selbstverwaltung getragenes und bestimmendes System.“ Auch hier mahnte er zu einer Mannschaftsleistung und innerer Geschlossenheit.

Gröhe begrüßte die gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe und die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen. Abschließend mahnte er zu einem Ausbau der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten. „Wir haben hier zu viele Mauern und müssen mehr Brücken bauen“, so der Minister und appellierte, die nationale Gesundheitskompetenz zu verbessern.

Arbeitstagung

Am Beginn der Arbeitstagung lag im Congress Center Hamburg (CCH) eine gewisse Spannung in der Luft, hatten doch gleich zum Auftakt 14 Delegierte einen Antrag auf die Durchführung der Abwahl von Präsident Montgomery gestellt. Die Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung wurde mit 148 Nein- und 85 Ja-Stimmen abgelehnt. In der Aussprache ließen die Antragsteller durchblicken, dass sie den Antrag nach dem Tagesordnungspunkt zur Novelle GOÄ zurückziehen könnten – je nach Verhalten des BÄK-Präsidenten in der Diskussion. Einer engagierten Debatte folgte eine offene Abstimmung. Das Präsidium hatte bereits im Vorfeld die Tagesordnung geändert und die Debatte um die GOÄneu vorgezogen. BLÄK-Präsident Dr. Max Kaplan stärkte Montgomery den Rücken, indem er an die Abgeordneten plädierte, „zu überdenken, ob es nicht sinnvoller ist, die Sachfrage zu diskutieren als die Personalfrage zu stellen“. Des Weiteren bat er, zu berücksichtigen, welche Außenwirkung im Augenblick die Diskussionen in und über die Körperschaften hätten. Kaplan stellte den Fahrplan für die Novelle der GOÄ vor, zeigte aber auch Verständnis für die Kritiker.


Bild 2: „Bei der Novellierung der GOÄ ist nicht alles rund gelaufen und hierfür steht letztendlich die Spitze der Bundesärztekammer, Präsidium und Vorstand in der Verantwortung und hat diese auch übernommen“, so BÄK-Vizepräsident Dr. Max Kaplan.

Gesundheitspolitik und GOÄ
Im Tagesordnungspunkt I „Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik“, Unterpunkt GOÄneu, kam es zu einer ausführlichen Aussprache. Der neue Vorsitzende des GOÄ-Ausschusses der BÄK, Dr. Klaus Reinhardt, gab zum Sachstandsbericht auch einen Ausblick auf den weiteren Verhandlungsprozess. Die Delegierten diskutierten lebhaft über das weitere Procedere zur Novelle der GOÄ und entschieden in der Endstrecke, dass die Arbeiten an einer neuen GOÄ – unter Einbeziehung der Berufsverbände und Fachgesellschaften – weiter fortgesetzt werden sollen. Ein entsprechender Leitantrag des BÄK-Vorstandes und ein gemeinsamer Antrag der Verbände fanden eine große Mehrheit. Ausdrücklich gelobt wurde der „neue und sachlichere Diskussionsstil“, heftig hinterfragt hingegen die geplante Gemeinsame Kommission, die jedoch kein „Drohszenario“, sondern ein Fortschritt sei, versicherte Reinhardt.

„Flüchtlinge in der medizinischen Versorgung“ war ein weiterer Schwerpunkt des Top I. Hierzu forderte der Ärztetag, wesentliche Teile des im März in Kraft getretenen Asylpakets II nachzubessern. Die Delegierten kritisierten, dass als Abschiebungshindernis nur noch lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen gelten, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Diese gesetzliche Wertung widerspreche nach Auffassung der Ärzteschaft dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Weitere Änderungen seien bei den Regelungen zum beschleunigten Asylverfahren erforderlich. Das Ärzteparlament sprach sich auch dafür aus, allen Geflüchteten – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – bundesweit und zeitnah eine vollwertige Krankenversicherungskarte auszuhändigen. Dr. Siegfried Rakette aus München gab einen Erfahrungsbericht der medizinischen Flüchtlingsversorgung in München und ging auf das Engagement des Vereins „Refudocs“ ein.
Generalaussprache
Der Ärztetag nahm nach einer gesundheits- und sozialpolitischen Generalaussprache den Leitantrag des BÄK-Vorstands mit geringen Änderungen an. Für die medizinische Versorgung von morgen forderten die Delegierten eine „Balance zwischen Wertschöpfung und Wertschätzung“. Die Länder müssen ihren Investitionsverpflichtungen für Krankenhäuser nachkommen, lautete ein weiterer Beschluss. In einer älter werdenden Gesellschaft mit wachsender Multimorbidität und angesichts der Fortschritte der medizinischen Versorgung werde der Finanzierungsbedarf der Krankenhäuser weiter steigen. Eine weitere Forderung war, das Tarifeinheitsgesetz aufzuheben, gefährde es doch die Patientenversorgung, da es Ärzten die Möglichkeit nehme, für angemessene Rahmenbedingungen ihrer ärztlichen Tätigkeit zu streiten. Auch den Masterplan Medizinstudium 2020 diskutierten die Delegierten intensiv. Obwohl sich der Ärztemangel in Deutschland immer weiter verschärfe, müssten sich immer mehr Bewerber um immer weniger Studienplätze in der Humanmedizin bemühen. Mindestens 1.000 weitere Studienplätze in der Humanmedizin müssten geschaffen werden. Der Ausbau der Kapazitäten an den medizinischen Fakultäten müsse von einer Aufstockung der Lehrmittel für die Fakultäten flankiert werden, damit die Qualität der Ausbildung nicht unter der quantitativen Steigerung leide. Ausdrücklich wurde gefordert, bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen stärker als bisher psychosoziale Kompetenzen, soziales Engagement und einschlägige Berufserfahrung der Bewerber zu berücksichtigen. Eine Landarztquote, wie sie derzeit diskutiert wird, lehnten die Delegierten hingegen ab. Weitere Beschlüsse titelten beispielsweise: „Ärztliche Verantwortung für ärztliches Handeln – Delegation statt Substitution“, „Ärztliche Kompetenz in der Psychotherapie unverzichtbar“. „Für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen“, „Gesundheit aus TTIP-Verhandlungen heraushalten“, „Für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Daten“ oder „Für eine Beibehaltung der Dualität von GKV und PKV“.

Bild 3: BLÄK-Vizepräsidentin Dr. Heidemarie Lux und BLÄK-Vizepräsident Dr. Wolfgang Rechl bei einer der vielen Abstimmungen.

Ausufernde Arzneimittelpreise

Mit „Arzneimittelpreisbildung im Spannungsfeld zwischen Patientennutzen und marktwirtschaftlich orientierter Unternehmenskultur“ startete die Arbeitssitzung in den zweiten Tag. Dazu sprachen Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, und Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller. Der Ärztetag warnte aufgrund der kontinuierlich steigenden Arzneimittelpreise vor der finanziellen Überforderung des Gesundheitssystems. Die vor fünf Jahren vom Gesetzgeber mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) beschlossenen Regelungen für die Nutzenbewertung und die Preisfestlegung von neuen Arzneimitteln hätten nicht zu den erhofften Einsparungen geführt. Stattdessen stiegen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel jährlich um vier bis fünf Prozent. Bei einigen Medikamenten – insbesondere in der Onkologie – lägen die jährlichen Therapiekosten pro Patient bei 80.000 Euro und höher. Der Ärztetag forderte den Gesetzgeber auf, die Regelungen für die Nutzenbewertung und die Preisfestlegung neuer Arzneimittel nachzubessern, da eine ausreichende Arzneimittelversorgung durch die hohen Kosten künftig gefährdet sein könnte. Die von Krankenkassen übernommenen Kosten für neue Arzneimittel müssten sich am nachgewiesenen Nutzen für die Patienten orientieren. „Die derzeit freie, ausschließlich am Markt orientierte Preisfestlegung für Arzneimittel im ersten Jahr nach der Markteinführung durch den pharmazeutischen Unternehmer muss abgeschafft werden“, so ein Beschluss des Ärzteparlaments. Zudem sollten Ärzten die Ergebnisse der Nutzenbewertung schnell und in geeigneter Form zur Verfügung gestellt werden.

Weiterbildungsordnung

Den Sachstand der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) stellte Dr. Franz Bartmann, Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer und Präsident der Landesärztekammer Schleswig-Holstein dar: „Die Novelle der MWBO ist auf einem guten Weg“. Bartmann betonte, dass eine Novelle wegen der rasanten Weiterentwicklung in der Medizin und wegen der sich ändernden Rahmenbedingungen der ärztlichen Berufsausübung dringend erforderlich sei. Weiterbildung rein zeitlich zu definieren, werde bei der veränderten Lebensplanung der jungen Ärztinnen und Ärzte immer schwieriger. Bartmann wies darauf hin, dass sich Kompetenz nur inhaltlich abbilden lasse. Weil diese Inhalte nicht immer an ein und derselben Weiterbildungsstätte angeboten werden könnten, müsse die Weiterbildung flexibler werden. Der einstimmig gefasste Beschluss des Ärztetages zu diesem Thema sieht vor, dass die Version 2 der Novelle nach dem Ärztetag auf der elektronischen Plattform WIKI-BÄK veröffentlicht und zur Kommentierung durch die beteiligten Fachgesellschaften und Berufsverbände sowie die Landesärztekammern freigeschaltet wird.

Professor Dr. Hans Fred Weiser, Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands, referierte über „Leitende Krankenhausärzte im Konflikt zwischen Medizin und Ökonomie“. „Die Ärzte müssen endlich bereit sein, Kante zu zeigen“, forderte er und sie sollten Arbeitsverträge, die nicht die medizinische Tätigkeit, sondern wirtschaftliche Vorgaben in den Mittelpunkt stellen, ablehnen und nicht unterschreiben. Dies bedeute heute nicht mehr automatisch das berufliche Aus. Es gebe ausreichend Alternativen auf dem medizinischen Arbeitsmarkt. Der Ärztetag forderte die Krankenhausträger dazu auf, gemäß den Anfang des Jahres in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen in § 135c des Sozialgesetzbuches V von vorrangig an ökonomischen Kriterien orientierten Bonuszahlungen für leitende Krankenhausärzte abzusehen. Anderenfalls wäre der Gesetzgeber erneut aufgerufen, derartigen Entwicklungen auch rechtlich Einhalt zu gebieten. „Ökonomisierung ist dann abzulehnen, wenn betriebswirtschaftliche Parameter individuelle und institutionelle Ziele ärztlichen Handels definieren, ohne dass es eine am Patientenwohl orientierte medizinische Begründung gibt“, heißt es in einer einstimmig gefassten Entschließung des Ärztetages.

Bild 4: Die bayerischen Abgeordeten Dr. Albert Joas, Dr. Dr. Carola Wagner-Manslau, Dr. Andreas Botzlar und Dr. Gerald Quitterer (v. li.) bei der Stimmabgabe zur Wahl eines neuen „weiteren“ BÄK-Vorstandsmitglieds.

Der Deutsche Ärztetag sprach sich gegen die Errichtung einer Gemeinsamen Akademie der BÄK aus. Diese sollte sich, nach dem Vorstandsantrag, aus der Akademie für Allgemeinmedizin und der Akademie der Gebietsärzte zusammensetzen, mit dem Ziel, sich verstärkt mit sektoren- und gebietsübergreifenenden Themen der Versorgung zu befassen. Der Ärztetag entschied hingegen, die alten Statuten der beiden Akademien zu belassen. Der Erhalt der Akademien sei sachgerecht, da nur auf diese Weise die Möglichkeit geschaffen werde, spezifische Versorgungsthemen der Haus- und Fachärzte in der „gebührenden Differenziertheit“ zu diskutieren, so die Antragsteller. Eine Verschmelzung biete dazu keine Perspektive, heißt es in der jüngsten Fassung des Beschlusses.

Der 120. Deutsche Ärztetag findet vom 23. bis 26. Mai 2017 in Freiburg statt.

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