Bundestagswahl 2021

Bundestagswahl 2021

Am 26. September wählt die deutsche Bevölkerung einen neuen Bundestag. Die Ära von Angela Merkel endet. Was wollen die Parteien in der nächsten Legis­laturperiode anders machen, gerade in der Gesundheitspolitik? Was wollen CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, Linke und Grüne für Deutschlands Zukunft? Ein konkretes Wahlprogramm zur Bundestagswahl ­haben mittlerweile alle ­Parteien veröffentlicht. Wir haben selbst in die Wahlprogramme geschaut und präsentieren Ihnen einen Überblick der gesundheitspolitischen ­Positionen von Union, SPD, AfD, FDP, Linke und Grüne. Die Reihenfolge, in welcher in diesem ­Artikel über die einzelnen Konzepte berichtet wird, richtet sich nach der Mandatsstärke der Parteien im Bundestag.

CDU/CSU

Die Unionsparteien setzen in ihrem Wahlprogramm auf eine stärker vernetzte Zusammenarbeit der einzelnen Akteure im Gesundheits­wesen und wollen das Potenzial der Digitalisierung besser nutzen. Zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung werde weiter auf einkommensabhängige paritätische Beiträge, Eigenbeteiligung und einen Steueranteil für versicherungsfremde Leistungen (wie beispielsweise in der Pandemiebekämpfung) gesetzt. Der Steueranteil soll dynamisiert und an die Entwicklung der tatsächlichen Kosten der versicherungsfremden Leistungen gekoppelt werden. Wichtig ist der Union laut Programm auch der Erhalt der „bewährten Selbstverwaltung“ im Gesundheitssystem sowie die freie Arzt- und Therapiewahl. In Richtung der Ärztinnen und Ärzte wird ein spürbarer Bürokratieabbau versprochen. Eine Einheitsversicherung wird abgelehnt. Mit dem Fahrplan für die Einführung einer elektronischen Patientenakte sei die jahrelange Stagnation der Digitalisierung im Gesundheitswesen überwunden. „Wir werden an die eHealth-Strategie den Prozess ‚Digitale Gesundheit 2025’ anschließen und diesen zu einer ressortübergreifenden eHealth-Roadmap ‚Digitale Gesundheit 2030’ weiterentwickeln, die konkrete Handlungsempfehlungen für die digitalisierte Gesundheitsversorgung der Zukunft bis zum Jahr 2030 vorgibt“, heißt es im Wahlprogramm. „Die Patientinnen und Patienten der Zukunft werden – unter Wahrung des Schutzes ihrer Daten – ihre gesamte Krankengeschichte an einem Ort speichern und Ärzte und andere Leistungserbringer darauf zugreifen lassen können.“

Mit Blick auf den ländlichen Raum sollen die Ziele einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Grund- und Regelversorgung in der Krankenhausplanung, und insbesondere in der Krankenhausfinanzierung, wesentlich stärker berücksichtigt werden. Im Interesse der Patientensicherheit sollen für komplexe Behandlungen entsprechende klinische Angebote stärker gebündelt werden. Die Union will dafür sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg zu Ärzten, Apotheken und anderen Gesundheitsdienstleistern haben. In den Gesundheitsberufen und in der Pflege will die Union die Aus- und Weiterbildung stärken und die Reform der Berufsgesetze vollenden. Statt Sterbehilfe zu kommerzialisieren, soll der Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung garantiert werden. Der Öffentliche Gesundheitsdienst muss gestärkt und das Robert Koch-Institut zum deutschen „Public-Health-Institut“ ausgebaut werden. Eine Legalisierung illegaler Drogen wird weiterhin abgelehnt. Notwendig seien vielmehr Aufklärung sowie frühere und „massentauglichere Sanktionen“. Deutschland soll wieder zur „Apotheke der Welt“ gemacht werden. Die Gesundheits- und Pflegewirtschaft wird als herausragender Wirtschaftsfaktor in Deutschland weiter gestärkt, zukunftssichere Arbeitsplätze sollen geschaffen werden. Weitere Schwerpunkte legt das Wahlprogramm auf die Gesundheitsforschung für mehr Lebensqualität und eine gute Pflege für mehr Sicherheit und Halt.

SPD

Das 65-seitige Wahlprogramm der SPD, das mit „Aus Respekt vor deiner Zukunft. Das Zukunftsprogramm der SPD – Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.“ überschrieben ist, widmet sich in Kapitel 2.4. dem Thema „Zukunftsmission IV. Update für die Gesundheit“, wobei das Thema auch in weiteren Kapiteln am Rand vorkommt, beispielsweise in 3.14. „Gesundheitsschutz, Jugendschutz und Entkriminalisierung bestimmen unsere Drogenpolitik“.

Zusammenfassend wollen die Sozialdemokraten für eine bedarfsgerechte Grundfinanzierung der Kliniken, den Erhalt der Versorgung inklusive den Ausbau der integrierten Versorgungszentren in den ländlichen Regionen sowie eine integrierte, bessere Notfallversorgung sorgen.

„Der Gesundheitssektor braucht wieder mehr politische Aufmerksamkeit und Reformen. Wir brauchen ein klares Leitbild für die nächsten Jahrzehnte“, beginnt der Text. Durch die Coronakrise sei deutlich geworden, dass die Abwanderung der Arzneimittelproduktion ins Ausland und die damit zunehmende Abhängigkeit zu Lieferengpässen oder gar Versorgungsengpässen führen könne. „Deutschland muss wieder seine Innovationskraft einsetzen, um neue Therapieoptionen zu finden“, so die Forderung. Die Sozialdemokratinnen und -demokraten wollen ein System, das in Krisensituationen die Produktion, Bereithaltung und Verteilung von notwendiger Arznei und Medizinprodukten sicherstellt. Auch sollen Programme in den Bereichen Prävention und Krankheitsfrüherkennung gefördert werden, die die Besonderheiten verschiedener Altersgruppen und Geschlechter berücksichtigen. „Eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung kann am besten durch eine Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor, durch eine Überwindung der Sektorengrenzen und eine gute Koordination und Kooperation der medizinischen, psychotherapeutischen und pflegerischen Berufe gelingen. Wir brauchen darum eine stärkere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante, teambasierte und interdisziplinäre Formen der Versorgung“, so das Programm. Die Coronakrise habe auch gezeigt, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst bessere Rahmenbedingungen benötige, eine bessere Ausstattung, auch mit Blick auf die digitale Infrastruktur. Potenziale der Digitalisierung für die Verbesserung von Diagnosen und für die flächendeckende gesundheitliche Versorgung sollten entschlossener genutzt werden, die Effizienz verbessern und Fachkräfte von Aufgaben entlasten.

Zur Finanzierung: „Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht eine stabile und solidarische Finanzierung. Steuerzuschüsse und Investitionsmittel sollten mit klaren Zielvorgaben für die Reform des Systems verbunden werden. Wir werden eine Bürgerversicherung einführen.“ Professionelle Pflege sei ein höchst anspruchsvoller Beruf. Gute Arbeitsbedingungen und vernünftige Löhne seien dafür eine wichtige Grundlage. Die SPD will die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, denn sie wirke sich negativ auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus. Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, sollten verpflichtend und weitestgehend wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen.

AfD

Die Gesundheitspolitik der AfD will auf dem bestehenden deutschen Gesundheitssystem aufbauen. Ziel sei „eine am Menschen orientierte und wohnortnahe medizinische Versorgung“. Die Effizienz des Gesundheitswesens soll neu bewertet, Eigenverantwortlichkeit, natürliche Prävention sowie Therapiefreiheit gefördert werden. Der Einflussnahme von Lobbyisten müssen strenge Grenzen gesetzt werden. Die AfD möchte Schluss machen mit den „unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen“ und lehnt verpflichtende Impfungen (direkt und indirekt), Immunitätsausweise, Maskenpflicht sowie Tracking-Apps oder sonstige Überwachungsmaßnahmen ab. Im Rahmen eines Untersuchungsausschusses soll „die gesamte Coronapolitik der Bundesregierung, die Ausrufung der Epidemie von nationaler Tragweite, der nicht im Grundgesetz verankerte Corona-Gipfel, der Einsatz und die Aussagekraft des PCR-Tests, die beliebig festgesetzten Grenzwerte, die Informationspolitik, fehlender wissenschaftlicher Diskurs, die Verhältnis­mäßigkeit der Maßnahmen, die Einschränkung der Grundrechte, verpflichtende Tests und Quarantäne sowie die körperlichen, psychischen und psychosozialen Schäden durch die Maßnahmen, die Maskenpflicht ohne Gesundheitsprüfung und die per Notfallzulassung eingesetzten Impfstoffe genauestens untersucht werden“.

Die AfD fordert die Einführung eines Individualbudgets für Krankenhäuser, um auch in strukturschwachen Gebieten wohnortnah beispielsweise Notfalleinrichtungen, Abteilungen für Geburtshilfe und insbesondere die stationäre Behandlung von Kindern zu ermöglichen. In die individuelle Finanzierungsvereinbarung zwischen den Krankenkassen und den jeweiligen Kliniken sollen das klinische Leistungsgeschehen, die Prüfungsergebnisse eines erweiterten Medizinischen Dienstes im Gesundheitswesen (MDG), der tatsächliche Bedarf in der Bevölkerung vor Ort sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Krankenhauses einfließen. Der geplante MDG soll im Gegensatz zum bestehenden System paritätisch besetzt und finanziert sein und sich aus allen im Gesundheitssystem Beteiligten zusammensetzen. Ein mehrstufiges Bonussystem für Beitragszahler, das notwendige Arztkontakte nicht verhindern, aber vor leichtfertigen Besuchen abhalten soll, werde eingeführt. Die AfD betrachtet in ihrem Wahlprogramm die Förderung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum als eine der aktuell dringendsten Aufgaben. Sie fordert unter anderem die Aufhebung der Kopfpauschalen-Vergütung und der Budgetierung der ärztlichen Honorierung, finanzielle und organisatorische Niederlassungshilfen und den weiteren Ausbau von Arztpraxen/Polikliniken/MVZ mit angestellten Ärzten. Im Pflegebereich wird eine leistungsgerechte Bezahlung über einen Flächentarifvertrag und eine bundeseinheitliche Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen gefordert. Der Prozess des Sterbens sei durch die bewährte Palliativmedizin und eine passive Sterbehilfe zu begleiten. Der Ausbau der suchtpsychiatrischen Versorgung für eine dauerhafte Abstinenz von Drogen wird befürwortet. Der Beruf des Heilpraktikers soll erhalten werden.

FDP

 „Nie gab es mehr zu tun“ – so überschreibt die FDP ihr 90-seitiges Wahlprogramm, welches die Partei im Rahmen ihres Online-Bundesparteitags vom 14. bis 16. Mai 2021 beschlossen hatte. Im Vorwort betonen die Freien Demokraten, dass im Gefolge der Pandemie in der Bundesrepublik große strukturelle Veränderungen nötig seien. Welche Pläne die Partei dabei für den Bereich Gesundheit schmiedet, wird in Kapitel II des Programms beschrieben.

Besonders wichtig ist demnach aus Sicht der Liberalen, Engpässe in der Arzneimittelversorgung zukünftig zu vermeiden. Um die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen jederzeit gewährleisten zu können, soll deshalb die Herstellung von Arzneimitteln nach Deutschland oder in die EU zurückverlagert werden. Erreicht werden soll dies etwa durch einen Bürokratieabbau und die Prüfung von Investitionsbezuschussungen für Produktionsstätten von Medikamenten.

Teil der Agenda der FDP ist auch die Forderung nach einem liberalen Sterbehilfegesetz. In diesem sollte nach Ansicht der Freien Demokraten klar geregelt sein, unter welchen Voraussetzungen Menschen Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen und leisten dürfen. Unter der Voraussetzung, dass ein suizidaler Wunsch frei und eigenverantwortlich sowie im Vollbesitz der geistigen Kräfte gebildet wurde, müsse es für Patientinnen und Patienten auch die Möglichkeit geben, ein letal wirkendes Medikament zu erhalten, schreibt die Partei.

Im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen bleibt die FDP in ihrem Wahlprogramm sehr allgemein, bekräftigt jedoch, die digitale Vernetzung zwischen allen Gesundheitsakteuren sowie Patienten voranbringen zu wollen. Nur so könne eine schnelle Verfügbarkeit von Patientendaten sichergestellt werden. Auch habe die Digitalisierung das Potenzial, den Arbeitsalltag aller Gesundheitsberufe zu erleichtern, erklärt die Partei. Gleichzeitig dürfe aber auch die Datensicherheit nicht vernachlässigt werden. In Krankenhäusern möchten die Freien Demokraten neben der IT-Infrastruktur auch robotische Assistenzsysteme fördern.

Daneben wollen die Liberalen den Ausbau von psychotherapeutischen Plätzen fördern und „die Ausbildung der psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterentwickeln“. Ebenso strebt die FDP eine Erhöhung der Anzahl der Studienplätze für Psychologie und Psychotherapie sowie der Kassensitze für Psychotherapeuten an. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Wartezeiten von Patienten auf Therapieplätze zu reduzieren.

Eine Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser ist ebenfalls ein Ziel der Freien Demokraten. Gleichzeitig sei es notwendig, höhere Versorgungsqualität besser zu vergüten und Fehlanreize für ein Überangebot an Krankenhausleistungen zu bereinigen. Außerdem möchte die Partei auf eine stärkere Verzahnung des ambulanten und des stationären Versorgungsbereichs hinwirken. In diesem Zusammenhang beklagt die FDP, dass die gesetzlichen Vergütungsregelungen es derzeit erschweren würden, „Behandlungs­methoden aus dem Krankenhaus in den ambulanten Sektor zu überführen“. Aus Sicht der Liberalen müsse für die Dauer von Entscheidungsverfahren deshalb die stationäre Vergütung erhalten bleiben, damit kein Patient unversorgt bleibe.

DIE LINKE

„Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!“, so titelt das Wahlprogramm der Partei DIE LINKE, das im Juni beschlossen wurde.

DIE LINKE will demnach ein „solidarisches, ­gerechtes und barrierefreies Gesundheitssystem, in dem die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht“. Gesundheit dürfe nicht weiter zu einem Markt verkommen, auf dem die Profite mehr zählten als die Menschen: „Statt immer weiter zu privatisieren, muss Gesundheit als Teil des Sozialstaats öffentlich organisiert werden“, heißt es. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens stehe nicht nur einer guten Versorgung, sondern auch guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten entgegen. „Wir setzen auf eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle einzahlen. Die Zwei-Klassen-Medizin wollen wir überwinden“, so der Programmtext.

Soziale Ungerechtigkeit mache krank. Als Folge eines starken Konkurrenzdrucks nähmen nicht nur psychische Erkrankungen zu. Generell ­gelte: „Wer arm ist, ist häufiger krank und stirbt früher!“ Gleichzeitig machten Pharmaindustrie und Krankenhauskonzerne Milliardenprofite mit Versichertengeldern. Gesetzliche Krankenkassen müssten miteinander konkurrieren, dabei müssten der Bedarf und die Versorgung im Mittelpunkt stehen. Wer heute krank werde, müsse oft tief in die Tasche greifen. In Krankenhäusern gebe es viel zu wenige Pflegekräfte. Seit Jahren würden dringend notwendige Investitionen in den Krankenhäusern zurückgehalten.

Die Forderungen der LINKEN: Eine solidarische Gesundheitsversicherung, bei der: alle mit allen Einkommen einzahlten, und eine paritätische Finanzierung der Beiträge. Aufwertung und gesetzliche Personalbemessung in Gesundheit und Pflege – 100.000 Pflegekräfte mehr in den Krankenhäusern. Eine Pflegevollversicherung, bei der alle Leistungen übernommen würden. Alle müssten mit allen Einkommen einzahlen, auch privat Versicherte, Beamte, Abgeordnete und Selbstständige. Die Krankenhäuser sollten bedarfsgerecht finanziert und der Personalmangel bekämpft werden. Zuzahlungen und Leistungsausschlüsse wie etwa bei Brillen und beim Zahnersatz, bei Arzneimitteln und im Krankenhaus oder bei der Physiotherapie müssten wegfallen. Notwendige Leistungen müssten gewährt werden – ohne Zuzahlung. Der Einfluss der Pharmaindustrie müsse zurückgedrängt werden. Medikamentenpreise sollten begrenzt sowie die ambulante Versorgung in Stadt und Land – mit kürzeren Wartezeiten – verbessert werden.

Die beste Gesundheitspolitik sei die, die Gesundheit fördere und Krankheit verhindere. Deshalb Gesundheitsförderung statt Wettbewerbsdruck. Die LINKE will das Gesundheitswesen von Barrieren befreien – von Hindernissen beim Zugang zu Arztpraxen und Krankenhäusern, aber auch von Hindernissen in der Kommunikation: leichte Sprache und verständliche Patienteninformationen müssten selbstverständlich werden.

Bündnis 90/Die Grünen

Auf einem Online-Parteitag Mitte Juni verabschiedeten die Delegierten von Bündnis 90/Die Grünen ihr 110-seitiges Wahlprogramm, welches unter dem Titel „Deutschland. Alles ist drin“ firmiert. Darin skizziert die Ökopartei ihre Ziele, die unter anderem beinhalten, „in kurzer Zeit eine klimaneutrale Gesellschaft zu werden“. Doch welche zentralen gesundheitspolitischen Projekte hat die Partei in ihrem Programm festgehalten?

Auf der Agenda der Grünen steht insbesondere eine nachhaltige Stärkung der deutschen Gesundheitsämter. Bisher seien diese chronisch unterfinanziert und unterbesetzt, die personelle und technische Ausstattung müsse dauerhaft verbessert werden. „Wir wollen deshalb, dass Bund und Länder gemeinsam dafür sorgen, dass die Mittel für den Öffentlichen Gesundheitsdienst schrittweise auf mindestens ein Prozent der Gesundheitsausgaben angehoben werden“, so die Partei. Außerdem wollen die Grünen ein Bundesinstitut für Gesundheit aufbauen, die Digitalisierung der Gesundheitsämter vorantreiben und diese stärker auf lokale Gesundheitsförderung und Prävention fokussieren.

Ein weiteres Ziel der Grünen ist eine effektivere Bekämpfung zukünftiger Pandemien. Um dies zu erreichen, sollen Stufen zur Eindämmung von Massenerkrankungen im Infektionsschutzgesetz definiert und Pandemieschutzpläne aktualisiert werden. Auch die Einrichtung eines unabhängigen und interdisziplinären Pandemierats wird im Wahlprogramm gefordert. In diesem Zusammenhang möchte die Partei auch stärker in die Gesundheitsforschung investieren, zum Beispiel bei Medikamenten, Impfstoffen oder der Entwicklung neuer Testverfahren. Gleichzeitig soll die Eigenproduktion von Arzneimitteln und Atemschutzmasken in europäischer Kooperation vorangetrieben werden.

Daneben wollen die Grünen die Krankenhausfinanzierung reformieren. Falsche politische Weichenstellungen und der daraus folgende ökonomische Druck hätten zu Fehlanreizen zu Lasten des Wohls der Patientinnen und Patienten sowie des Personals geführt. „Die Konzentration auf ertragreiche Angebote muss ein Ende haben. Kliniken sollen deshalb in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden“, so die Partei. Dies solle durch eine starke Säule der Strukturfinanzierung erreicht werden. Außerdem brauche es eine verbindlichere Landeskrankenhausplanung, die die öffentlichen Versorgungsinteressen an Grund-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung definiere. „Der Bund soll die Möglichkeit haben, dafür gemeinsame bundesweite Grundsätze“ aufzustellen, erklären die Bündnisgrünen in ihrem Wahlprogramm.

Überdies plant die Ökopartei die Schaffung eines Sonderfonds für die Umsetzung von Hitze­aktionsplänen und eine stärkere Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung. Für Leistungen aus den beiden Sektoren solle es künftig eine gemeinsame Abrechnungssystematik geben. „Außerdem heben wir die strikte Trennung der ambulanten Gebührenordnungen EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) und GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) auf“, bekräftigen die Grünen.

Darüber hinaus will die Partei durch mehr Kassenzulassungen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine größere Anzahl an ambulanten Psychotherapieplätzen schaffen. Denn es sei „nicht zumutbar, dass viele Menschen in einer psychischen Krise monatelang auf therapeutische Hilfe warten müssen“.

Autoren

Jodok Müller, Dagmar Nedbal und Florian Wagle (alle BLÄK)

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