BLÄK wirbt für lokale Hitzeschutzbündnisse

Hitzeschutz

Welche Auswirkungen haben Hitzewellen auf die Gesundheit der Menschen? Und wie kann der Hitzeschutz in den Landkreisen und Kommunen des Freistaats unter Einbindung der Ärzteschaft und anderer Akteure im Gesundheitswesen nachhaltig gestärkt werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer gemeinsamen Diskussions­veranstaltung der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) mit den 63 ärztlichen Kreis- sowie den acht ärztlichen Bezirksverbänden (ÄKV und ÄBV) in Bayern, die Anfang April in München stattfand. Professor Dr. Harald Lesch, Fakultät für Physik der LMU München, Dr. Martin Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V., sowie Dr. Marc Block, Vorsitzender des ÄKV Ebersberg, informierten die Teilnehmenden über die gesundheitlichen Risiken der Klimakrise und präsentierten Konzepte zur Hitzeprävention. Gemeinsam mit Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, warben die Referenten für die Gründung von Hitzeschutzbündnissen auf regionaler und lokaler Ebene.



Präsidium und Hauptgeschäftsführung der Kammer mit den Referenten: Dr. Marc Block, Dr. Marlene Lessel,
2. Vizepräsidentin, Dr. Gerald Quitterer, Präsident, Professor Dr. Harald Lesch, Dr. Martin Herrmann,
Dr. Andreas Botzlar, 1. Vizepräsident, Frank Dollendorf, Hauptgeschäftsführer (v. li.).


„2024 war der heißeste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Aufgrund des Klimawandels müssen wir künftig mit noch extremeren Hitzeperioden rechnen, welche die Gesundheit der Menschen in Bayern erheblich gefährden können. Um Wissen über die gesundheitlichen Folgen von Hitze und die Bedeutung von Hitzeschutz flächendeckend zu verbreiten und gezielt beispielsweise in Gesundheitseinrichtungen, Schulen oder Betriebe zu transferieren, ist die Gründung von Hitzeschutzbündnissen auf lokaler Ebene von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen der heutigen Veranstaltung möchten wir den ärztlichen Kreis- und Bezirksverbänden in Bayern wertvolle Impulse geben, damit sie solche Allianzen in ihren Landkreisen und Kommunen erfolgreich initiieren können“, erklärte Quitterer vor Beginn der Konferenz. Selbst einfache und kostengünstige Maßnahmen wie die Einrichtung kühler Rückzugsorte, angepasste Lüftungsstrategien oder die Benennung von Hitzeschutzbeauftragten könnten vor Ort ­effektive Fortschritte erzielen.

Gefahr eines „Treibhaus-Klimas“ 

Lesch und Herrmann wiesen in ihren Vorträgen eindringlich darauf hin, dass die globale Mitteltemperatur in den vergangenen 60 Jahren kontinuierlich gestiegen sei. 2024 sei eine alarmierende Rekorderderwärmung von + 1,62 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau gemessen worden. Die Konsequenz der Klimakrise: Extremwetter wie Hitzewellen, sowie Flut- und Dürrekatastrophen hätten zuletzt viel schneller zugenommen als erwartet. Im wahrscheinlichsten Erwärmungsszenario von + 3,2 °C bis zum Jahr 2100 könnten manche Sommer so heiß werden, dass das Verlassen von Gebäuden lebensgefährlich wird – insbesondere für vulnerable Gruppen. Zusätzlich werde befürchtet, dass steigende Hungersnöte und Dürren weltweit „Chaos und Krieg“ auslösen könnten. Gefahr drohe zudem durch das Überschreiten klimatischer Kipp-Punkte, etwa durch das Abschmelzen der planetaren Eisschilde, was irreversible Feedbackschleifen in Gang setzen könnte. „Bereits geringe Erwärmungen können eine Kaskade positiver Rückkopplungen auslösen, die das Erdklima dauerhaft destabilisieren“, warnte Lesch. Es drohe das Umkippen des irdischen Klimasystems zu einer „Treibhaus-Erde“.

Energiewende: „Das größte ­Gesundheitsprojekt unserer Zeit“

Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels für Deutschland seien gravierend. Ein aufgrund demografischer Faktoren überlastetes Gesundheitssystem müsse gleichzeitig mit einer Zunahme von kardiovaskulären, respiratorischen, psychischen und Infektionskrankheiten rechnen, welche auf eine Verschlechterung der Luft- und Wasserqualität, neue Erreger und Vektoren, sowie häufigere und extremere Hitzewellen sowie Überflutungen zurückzuführen seien. Die bereits heute hohen Folgekosten – allein in Deutschland seien seit dem Jahr 2000 über 145 Milliarden Euro wirtschaftliche Schäden durch klimabedingte Naturkatastrophen angefallen – würden sich zukünftig drastisch erhöhen.

Laut Herrmann und Lesch sei es dringend notwendig, konsequente Maßnahmen zu ergreifen und dem Klima- und Hitzeschutz Priorität einzuräumen. Einerseits müsse eine klare Wende hin zu einer nachhaltigen Industriegesellschaft erfolgen, die auf regenerative Energien wie Photovoltaik und Windkraft setzt – „das größte Gesundheitsprojekt unserer Zeit“. Gleichzeitig müsse die Gesellschaft ihre Klimaresilienz stärken. „Bisher sind wir auf den Katastrophenfall durch Hitze wie zum Beispiel durch einen langanhaltenden Hitzedom schlecht vorbereitet. Das müssen wir schnell in den Landkreisen und Kommunen ­ändern. Und es muss uns gelingen Hitzeschutz in Stadt- und Landschaftsentwicklungsprojekten sowie bei der Wärme- und Bauwende zu einem Kernziel zu machen“, erklärte Herrmann. 

Block: „Netzwerke knüpfen lohnt sich immer“

Block präsentierte konkrete Ansätze zur Verbesserung des Hitzeschutzes vor Ort am Beispiel des Hitzeaktionsbündnisses im Landkreis Ebersberg. Dieses sei im Januar 2024 ins Leben gerufen worden und bestehe aus einer Vielzahl regionaler Akteure, darunter dem ÄKV Ebersberg, Health For Future, dem Landratsamt Ebersberg, lokalen Kliniken und Pflegeeinrichtungen, dem Bayerischen Roten Kreuz und weiteren Partnern.

Zu den größten Erfolgen zähle ein Hitzeaktionsplan, der darauf abziele, hitzebedingte Mortalität und Morbidität im Landkreis zu reduzieren. Zudem sei ein Informationsflyer entwickelt worden, in welchem auf die gesundheitlichen Gefahren von Hitze, auf besonders gefährdete Personengruppen, auf Präventionsmöglich-keiten, das Hitze­warnsystem des Deutschen Wetterdiensts und ärztliche Anlaufstellen aufmerksam gemacht werde. Das Bündnis habe sich am Hitzeaktionstag 2024 mit einem Infostand in Ebersberg beteiligt und gemeinsam mit Lesch und Herrmann im ­Februar 2025 eine Großveranstaltung zur Bedeutung der Energiewende für den Gesundheitsschutz ausgerichtet. Die ca. einstündige Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann unter dem folgenden Link als Video angesehen werden:
https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=youtube+herrmann+lesch+ebersberg&mid=0D70EB06C6EC0FD3F8DB0D70EB06C6EC0FD3F8DB&FORM=VIRE&adlt=strict

Für die Zukunft plane das Bündnis weitere Initiativen, wie Klimasprechstunden für Patientinnen und Patienten, Ernährungsberatung und eine stärkere Zusammenarbeit mit der lokalen Wirtschaft und Politik. Blocks Rat an andere ÄKV und ÄBV: „Um vom Reden ins Handeln zu kommen lohnt es sich immer, Netzwerke zu knüpfen und Synergien zu nutzen!“

Florian Wagle (BLÄK)

Neugierig geworden?
Die Präsentationen, welche Lesch, Herrmann und Block während der Diskussions­veranstaltung der BLÄK mit den ÄKV und ÄBV zum Hitzeschutz gehalten haben, können unter dem folgenden Link als ­PDF-Dateien heruntergeladen werden: https://www.blaek.de/wegweiser/klimawandel-und-gesundheit/informationen-zum-thema-hitzeschutz


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