Starke Botschaft aus Bad Kissingen
Dr. Gerald Quitterer
In der Zeit vom 10. bis 12. Oktober 2025 versammelte sich in Bad Kissingen die Delegiertenschaft des 84. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetages – der klare Höhepunkt der berufspolitischen Willensbildung der Ärzteschaft in Bayern.
Was in diesen Tagen deutlich wurde, war eine spürbar positive Grundstimmung: eine prüfende, aber zugleich konstruktive Haltung der Delegierten; eine große Geschlossenheit bei den wichtigen zentralen Themen; eine klare Botschaft nach außen. Unsere Ärzteschaft steht zusammen, übernimmt Verantwortung für berufs- und gesundheitspolitische Belange und tritt gegenüber Gesellschaft und Politik mit klarer Haltung und gemeinsamer Stimme auf.
Geschlossenheit in zentralen Fragen
Die positive Atmosphäre dieses Ärztetages gründete sich vor allem auf die klare Positionierung in mehreren wesentlichen Themenfeldern. Die Delegierten betonten die Rolle der Kammer als Ort demokratischer Willensartikulation und kollegialer Vertretung: Sie sei nicht nur eine funktionale Selbstverwaltung mit legitimierten hoheitlichen Aufgaben, sondern nach außen hin Vertreterin einer bedeutenden Berufsgruppe, die Verantwortung übernimmt für Versorgung, Qualität, Ethik und Gesundheit in der Gesellschaft.
Die Kammer und ihre gewählten Delegierten übernehmen eine zentrale Verantwortung: Sie sichern die Reputation der ärztlichen Profession und vertreten deren Interessen geschlossen und nachhaltig – sowohl in der gesundheitspolitischen Debatte als auch im politischen Raum. Damit leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität unseres Gesundheitssystems und zur Wahrung des Gemeinwohls.
Wer sich in der Diskussion verliert, wer keine gemeinsame Linie findet, verliert Einflussmöglichkeiten. Und damit auch die Chance, die Rahmenbedingungen für ärztliches Handeln weiterhin konsequent mitzugestalten. In Bad Kissingen wurde diese Einsicht gelebt. Ich danke allen Beteiligten für den gelungenen Dialog und das sichtbare Zeichen für Geschlossenheit.
Wichtige Beschlüsse mit berufspolitischer Relevanz
Aus den Sitzungen gingen mehrere Beschlüsse hervor, die weit über Symbolwirkung hinausreichen. Besonders hervorzuheben ist der Leitantrag des Präsidiums: Die Forderung nach einer Stärkung der Krisenresilienz des deutschen Gesundheitswesens. Die Delegierten riefen Bund, Länder und Kommunen dazu auf, in einem nationalen Lagezentrum „Gesundheit“ die Koordination für Krisenlagen im Gesundheitswesen sicherzustellen. Zudem sollen krisenfeste Infrastrukturen in Krankenhäusern, Praxen und Pflegeeinrichtungen gestärkt werden – etwa durch bauliche Sicherung von Zugängen, Not-Versorgung bei Strom-, Wasser- oder IT-Ausfall.
Ein zentraler Schwerpunkt dieses Ärztinnen- und Ärztetages war erneut die dringend benötigte Reform der Approbationsordnung. Eine Neuordnung, die von allen Beteiligten getragen wird, dürfe nicht erneut vertagt werden, so die deutliche Mahnung der Delegierten.
Darüber hinaus wurde die Stärkung koordinierter Versorgungsstrukturen bekräftigt: Patientinnen und Patienten sollen künftig zielgerichteter in die jeweils passende Versorgungsebene gelangen. Dazu brauche es ein primärärztlich geprägtes System und eine Neuordnung der Akut- und Notfallversorgung.
Große Aufmerksamkeit erhielt auch die fortschreitende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens. Besonders eindringlich sprachen sich die Delegierten für eine striktere Regulierung investorengetragener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ) aus. Wenn Kapitalinteressen das ärztliche Handeln steuern, geraten Therapiefreiheit und Freiberuflichkeit in Gefahr – hier sei die Politik gefordert, ihr angekündigtes Regulierungsgesetz endlich umzusetzen.
Nicht zuletzt rückte die angespannte finanzielle Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung in den Blick. Steigende Ausgaben und strukturelle Defizite ließen sich nicht länger durch kurzfristige Zuschüsse oder Kredite kaschieren. Die Delegierten forderten nachhaltige Strukturreformen sowie eine klare Trennung zwischen beitrags- und steuerfinanzierten Leistungen, um die Versorgung langfristig abzusichern.
Diese Entscheidungen zeigen: Der Ärztinnen- und Ärztetag war kein „Weiter-so“, sondern ein Ort, an dem Zukunftsthemen aufgegriffen, Risiken benannt und Forderungen verabschiedet wurden.
Gestaltungskraft ausüben
Die positiven Debatten und die große Kollegialität bei diesem Ärztetag sollten nicht darüber hinwegtäuschen: Die Kammer und ihre Delegierten haben eine anspruchsvolle Rolle. Nach innen gilt es, eine Ärzteschaft zu repräsentieren, die heterogen ist – angestellt, niedergelassen, im Krankenhaus, im öffentlichen Gesundheitsdienst, im betriebsärztlichen Dienst, im Ruhestand –,
und dennoch ein gemeinsames Berufsbild vertritt. Nach außen gilt es, gegenüber Politik, Verwaltung, Gesellschaft, Patientenschaft eine glaubwürdige Stimme abzugeben und Positionen nachhaltig zu vertreten.
Die heutige Gesundheits- und Gesellschaftspolitik erwartet von Ärzteschaft und Selbstverwaltung mehr als nur Fachexpertise: Es geht um Gestaltungskraft. Ob bei Krisenvorsorge, Klimaschutz in der Medizin, Prävention, sektorenverbindender und intersektoraler Versorgung oder ethischem Wandel. Wir als Ärzteschaft sind gefordert. Der Ärztetag 2025 machte in eindrucksvoller Weise deutlich: Wir wollen diese Verantwortung übernehmen.
Positive Stimmung als Signal
Die gute Stimmung unter den Delegierten war spürbar; sei es in den zahlreichenden wertschätzenden und konstruktiven Gesprächen, den konzentrierten Workshops oder den engagierten Diskussionen. Doch sie war kein Selbstzweck. Vielmehr war sie das Zeichen einer Berufsgruppe, die weiß, dass sie sich aufeinander verlassen kann – und sich deshalb gemeinsam den großen Fragen stellt. Aus dieser Stimmung heraus kann Gestaltungskraft erwachsen. Damit wir hier auch mittel- und langfristig erfolgreich sind, braucht es Kontinuität: Die Beschlüsse müssen nun umgesetzt, in Bezirksverbänden und Praxen diskutiert, mit der Politik verhandelt werden. Der Ärztetag ist also nie ein Schlusspunkt, sondern der Startschuss in eine neue Phase aktiven Handelns.
Ausblick – mit klarem Blick in die Zukunft
Nach dem Ärztinnen- und Ärztetag liegt die Herausforderung darin, die Beschlüsse mit Leben zu füllen. Die Delegierten haben ihre Erwartungen formuliert – nun gilt es, die Umsetzung voranzutreiben. Die Kammer wird auch künftig gefordert sein, nicht nur Verwaltungsaufgaben zu erfüllen, sondern als strategischer Akteur aufzutreten; egal ob als Ansprechpartner für Politik, Partner für andere Berufsgruppen, Fürsprecher der Patientinnen und Patienten sowie ordnender Rahmen für das ärztliche Berufsethos.
Gleichzeitig gilt aber, dass Reputation nicht erzwungen werden kann. Sie entsteht durch das tägliche ärztliche Handeln, durch kollegiale Haltung, durch öffentliche Verantwortung. Die Ärzteschaft und ihre Kammer haben in Bad Kissingen einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Nun kommt es darauf an, diesen Schritt konsequent weiterzugehen.
Mit dem 84. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetag in Bad Kissingen haben wir eine starke Basis gelegt. Für eine Ärzteschaft, die geschlossen auftritt, politische Wirkung entfaltet und ihre Rolle in der Gesellschaft klar ausfüllt. Der Weg geht weiter – im Kollektiv, mit klarem Blick auf die Zukunft und mit dem Willen zur Gestaltung!
Wir sind Kammer!
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