„The same procedure as every year“

Dr. med. Gerald Quitterer

Wir wünschen uns Glück und Gesundheit für das neue Jahr. Bloßes Wünschen reicht aber nicht, zumindest was die Gesundheit betrifft. Mehr Bewegung, auf die Ernährung achten, auf Genussgifte verzichten, Stress vermeiden, passieren nicht von selbst und auch nicht auf Rezept. Dazu braucht es in vielen Fällen eine Verhaltensänderung. Und um Verhalten zu ändern müssen wir die Verhältnisse ändern. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Wissensvermittlung allein nicht geeignet ist, Gesundheitsverhalten zu verändern. Im Präventionsgesetz, für das eine
Novellierung ansteht, ist formuliert, dass sich Gesundheitsförderung und Prävention sowohl auf das Verhalten des Einzelnen wie auch auf die Gestaltung eines gesundheitsförderlichen Lebensumfeldes erstrecken soll.

Übergewicht und Bewegungsmangel sind nach wie vor mit die größten Risikofaktoren nicht nur für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus, sondern auch für den Verlauf anderer chronischer Krankheiten wie einer Demenz oder einer Depression. Hier ist jede Strategie gefragt, die eine Verhaltensänderung bewirken kann. Ob dies allein mit der Präventionsempfehlung anlässlich einer Gesundheitsuntersuchung gelingen kann, hat sich bisher noch nicht gezeigt.

Wir werden also um eine Bewertung gesundheitsriskanter Lebensmittel nicht umhinkommen, so wie wir Plastikmüll nicht vermeiden werden, wenn wir lediglich Strohhalme und Plastiktüten verbieten. Und wir dürfen nicht glauben, dass es später einmal ein Medikament schon wieder richten wird.

Auch das ist Prävention: der Schutz vor einer Übermedikation in Umsetzung von Leitlinien, die der Multimorbidität nicht angepasst sind.

Natürlich ist die Erweiterung der Gesundheitsuntersuchung um ein Präventionsgespräch sowie ein zusätzlicher Gesundheitscheck im Alter zwischen 18 und 34 Jahren ein Schritt in die richtige Richtung. Gezielte Gesundheitsberatung und Prävention ist in jedem Lebensalter ein entscheidender Faktor, um Krankheiten vorzubeugen oder bereits eingetretene Gesundheitsstörungen günstig zu beeinflussen und wir Ärzte leisten dazu unseren Beitrag. Wenn diese Untersuchung aber nicht in Anspruch genommen wird, weil es keine Konsequenz hat, wenn man sie nicht durchführen lässt, verfehlt sie den Sinn.

Prävention muss also neu gedacht werden, insbesondere wenn es darum geht, vulnerable Gruppen wie Kinder, Senioren oder Menschen mit Behinderung vor Gefahren für die Gesundheit zu bewahren. Sie muss neu gedacht werden, wenn es um Umweltbelastungen und den Klimawandel geht. Hier müssen politische Entscheidungen ärztliches Handeln unterstützen. Das Tabakwerbeverbot ist ein guter Anfang, unverständlich ist jedoch, warum es die dabei beschlossenen Fristen bis ins Jahr 2024 geben muss, bis letztlich auch für E-Zigaretten nicht mehr geworben werden darf. Zudem bedarf es einer gesetzlichen Regelung, dass in Fahrzeugen nicht mehr geraucht wird, wenn Kinder mit an Bord sind.

Gesundheitsförderung in Kindergärten und Schulen kann nur gelingen, wenn die Vermittlung von entsprechenden Kompetenzen fest in den Lehrplänen oder im Tagesablauf verankert ist. Dabei sollten Regelungen kritisch überdacht werden, die Sportfeste immer noch in die heiße Jahreszeit legen und die Jugendlichen damit gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt werden. Ein falsches Zeichen für Prävention. Übrigens eine Forderung bereits des Bayerischen Ärztetages von 2015. The same procedure as every year.

Fazit: Dort wo Prävention durch Verhaltensänderung nicht möglich ist, müssen die Verhältnisse geändert werden. Das können wir Ärzte nur zusammen mit der Politik. Das wird unsere Aufgabe auch für 2020 sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Glück und Gesundheit für das Neue Jahr.

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