MMM – Ärztliche Ambulanz für Menschen ohne Krankenversicherung

Schwangerenvorsorge mit Ultraschall-Diagnose

Deutschland hat trotz aller Kritik eines der besten Gesundheitssysteme der Welt und eine sehr gute ärztliche Versorgung. Auch Flüchtlingen steht nach deutschem Recht eine medizinische Behandlung zu. Verwunderlich ist dabei und meist unbekannt, dass in unserem Land trotzdem viele Menschen ohne Krankenversicherung leben, die im Ernstfall keinen Zugang zur ärztlichen Versorgung haben, sofern sie nicht selbst bezahlen können. Wer kein Geld hat, wird auch nicht behandelt. Hier helfen ehrenamtliche, kostenlose medizinische Ambulanzen in mehreren deutschen Großstädten, die von gemeinnützigen Einrichtungen, Vereinen und Kirchen organisiert und unterstützt werden. Diese Einrichtungen sind in der Öffentlichkeit und bei Hilfesuchenden leider nicht ausreichend bekannt. Ihre Arbeitsweise mit Problemen soll am Beispiel der Münchner MMM (Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung) vorgestellt und diskutiert werden.

Auswahl der Patienten

Die meisten Patienten stammen aus den Balkanländern und Osteuropa, bevorzugt aus Staaten, die nicht dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) angehören. Es betrifft also auch EU-Bürger. Diese Personen erhalten Sozialleistungen und damit eine Krankenversorgung erst dann, wenn sie ein legales Arbeitsverhältnis nachweisen können.
Aber auch aus ganz anderen Teilen der Welt erscheinen viele bedürftige Menschen, wie zum Beispiel der Mongolei, Südamerika, Asien und Afrika, insbesondere, wenn sie illegal eingereist sind.
Etwa acht Prozent haben keinen gesicherten Aufenthaltsstatus. Dazu kommen unversicherte, ausländische Touristen sowie auffallend und zunehmend Deutsche, die aufgrund persönlicher Katastrophen aus dem sozialen Netz herausgefallen sind und keine Krankenversicherung mehr besitzen. 65 Prozent dieser Patienten sind männlich und die Mehrzahl zwischen 14 und 40 Jahren alt [Jahresbericht 2017, Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung].

Sozial-medizinisches Angebot und Ablauf

Die Malteser-Ambulanz garantiert grundsätzlich die Wahrung der Anonymität. Dies ist für sogenannte „lllegale“ besonders wichtig. Sprechzeiten sind im Internet auf der Homepage der Malteser München (www.malteser.de/menschen-ohne-krankenversicherung.html) zu finden und speziellen Flyern, die von den Maltesern unter dem Titel „MMM-Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung“ verteilt werden, zu entnehmen. Der ärztlichen Untersuchung geht immer eine ausführliche Sozial- und Migrationsberatung zu ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Fragen durch speziell ausgebildete Sozialarbeiterinnen voraus (Tabelle 1).



Tabelle 1: Sozialberatung

Aufgrund der Notsituation und meist vorhandenen Sprachschwierigkeiten ist die Verständigung enorm zeitaufwendig, bereitet aber selten größere Schwierigkeiten. So sind pro Patient ca. 1,5 Stunden einzuplanen. Bei Bedarf können Dolmetscher hinzugezogen werden. Seit 2006 bietet die MMM regelmäßig vier fachlich getrennte, kostenlose Sprechstunden an, die von ehrenamtlichen Fachärzten für Allgemeinmedizin/Innere Medizin, Gynäkologie/Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Zahnmedizin abgehalten werden. Auch das Sprechstundenpersonal arbeitet ehrenamtlich. Da es sich um eine Notfallambulanz handelt, können chronisch Kranke nur bei akuten Beschwerden angenommen werden. Dagegen sind wiederholte Untersuchungen zur Vorsorge bei Schwangeren und Kindern möglich. Schwangere erhalten einen deutschen Mutterpass mit allen erforderlichen Untersuchungsergebnissen, inklusive Ultraschall- und Blutuntersuchungen. Zur bedarfsgerechten Differenzialdiagnose und Behandlung werden die Patienten gegebenenfalls weiter an kooperierende, niedergelassene Fachärzte über- bzw. in eine Klinik eingewiesen (Tabelle 2).

 


Tabelle 2: Medizinische Behandlung


Probleme und Konsequenzen

Ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen ist nicht immer einfach. Es finden sich mehr freiwillige Ärzte als Sprechstundenhilfen und Hebammen. Die Finanzierung erfolgt über den Malteser Hilfsdienst e. V. mit Spenden, unterstützt durch die Stadt München. Anfallende Medikamente stammen entweder aus Spenden oder müssen von den Patienten selbst bezahlt werden. Die ambulante medizinische Versorgung ist somit durch Ehrenamtliche einigermaßen abgedeckt. Allerdings wissen derzeit viele potenziell bedürftige Patienten gar nicht, dass es diese Ambulanzen gibt. Sie werden meist über Mundpropaganda oder durch soziale und kirchliche Einrichtungen empfohlen.

Stationäre Aufenthalte

Besonders große Schwierigkeiten bereiten immer wieder stationäre Aufenthalte, da die Patienten in der Regel kein Geld haben und die meisten Krankenhäuser nicht zur kostenlosen Behandlung bereit sind. Die Patienten schaffen es dann oft doch oder fahren zur Behandlung, Operation oder Geburt zurück in ihre Heimatländer. Einigen gelingt es allerdings nicht, die notwendige und standardgemäße Therapie zu erhalten, was gerade bei schweren Erkrankungen sehr zu denken gibt.


Bild 2: Untersuchung beim Allgemeinarzt


Die Finanzierung stationärer Behandlungen ist jedenfalls absolut ungeklärt. Das Thema wird ungern gesehen, teils tabuisiert, gern verdrängt und in die „humanitäre Ecke“ geschoben. Deshalb muss die gesamte Problematik der nicht-krankenversicherten Menschen erkannt, offen diskutiert und in einer gemeinsamen Kooperation von Staat, Ländern, Kommunen und kirchlich-sozialen Einrichtungen gelöst und in unserem reichen Land endlich effektiv unterstützt werden. Insbesondere hierzu soll dieser kurze Beitrag anregen.


Bild 3: Kinderärztliche Sprechstunde (Foto: Horlemann/Malteser Hilfsdienst e. V.)

Autor


Dr. Wolfgang Siebert
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
84307 Eggenfelden, E-Mail: dr.wolfgang.siebert(at)gmx.de

Top