Lasst den Worten Taten folgen

Dr. Gerald Quitterer

Nach einem regelrechten Verhandlungsmarathon haben sich CDU/CSU und SPD am 7. Februar auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Die Verhandler der Großen Koalition (GroKo) setzten beim Thema Gesundheit an vielen Stellen durchaus richtige Impulse. Nur beispielhaft genannt seien hier die vorgesehenen Maßnahmen gegen den Ärztemangel, wie die Förderungen von Landärzten und den Ausbau der Strukturfonds. Mit der Förderung der sektorenverbindenden Versorgung, Neuregelungen bei der Notfallversorgung und der Reform des Medizinstudiums sind wichtige Zukunftsthemen angesprochen.

Medizinstudienplätze

Ich begrüße insbesondere die im Koalitionsvertrag angedachte Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze. Hier darf es nicht bei einem bloßen Lippenbekenntnis bleiben und wieder lediglich auf den „Masterplan Medizinstudium 2020“ verwiesen werden. Unstrittig dürfte es sein, dass wir hierzulande mehr Ärztinnen und Ärzte, insbesondere in der hausärztlichen und demnächst auch in der fachärztlichen Versorgung brauchen. Dafür müssen mehr universitäre Studienplätze für Medizin in Deutschland geschaffen werden. Die Zugangsberechtigungen sind gemäß einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes neu zu formulieren. Nachdem es originäre Aufgabe der Ärztekammer ist, den Staat in Fragen der Gesundheitspolitik und der medizinischen Versorgung zu beraten und zu unterstützen, dränge ich hier auf unsere Mitwirkung auf Länderebene.

Vergütung

Positiv zu werten sind die vorgesehene weitere Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung, die geplante Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes und der Ausbau des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Es ist vernünftig, dass die GroKo-Verhandler das zuletzt heftig diskutierte Thema der Ärzte-Vergütung nicht unter Zeitdruck entscheiden wollten. Eine von der Bundesregierung eingesetzte wissenschaftliche Kommission soll die medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen für eine moderne Arzt-Vergütung erörtern. Eine Reformierung sowohl des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) als auch der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist erforderlich, um dem Versorgungsbedarf wie auch dem medizinischen Fortschritt Rechnung zu tragen. Dennoch können und dürfen beide nicht einfach in ein einheitliches Vergütungssystem überführt werden. Zum einen, weil es sich um unterschiedliche Rechtskreise handelt und zum anderen, weil dazu aus meiner Sicht keine Notwendigkeit besteht.

Fernbehandlung

Noch ein Wort zum Regierungsvorhaben, die einschränkenden Regelungen zur Fernbehandlung auf den Prüfstand stellen zu wollen. Cave: Mehr Ärzte und weniger Fernbehandlung lautet hier mein Credo. Die sogenannte Fernbehandlung ist nur als Erstbehandlung bzw. einleitende Therapie bei akuten Erkrankungen gedacht, sofern die Patienten ihre behandelnde Ärztin bzw. Arzt nicht erreichen. Keinesfalls ist sie Ersatz für das persönliche Arzt-Patient-Verhältnis. Fernbehandlungen werden weder den Ärztemangel beseitigen, noch die Situation – etwa von Klinikambulanzen – wesentlich entlasten oder das grundsätzliche Problem der Unterfinanzierung im Gesundheitswesen lösen. Der kommende Deutsche Ärztetag im Mai in Erfurt wird voraussichtlich eine entsprechende Regelung der (Muster-)Berufsordnung verabschieden, die der nächste Bayerische Ärztetag dann im Oktober für Bayern beschließen könnte. Damit wäre der Weg frei, dass künftig auch hier der „Fern-Arzt“ Diagnosen stellt und Behandlungsempfehlungen gibt.

Mindestsprechstundenangebot

Das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte für die Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten soll von 20 auf 25 Stunden erhöht werden. Im Koalitionsvertrag wird allerdings nicht erläutert, wie die Gegenfinanzierung erfolgen soll. Schließlich steigen durch eine Ausweitung der Praxiszeiten ja auch die Personal- und Betriebskosten. Das ist aber nur eine Facette dieser Forderung. Wesentlich ist hierbei, dass der Gesetzgeber versucht, in bestehende Verträge zwischen Ärzten und Krankenkassen, in diesem Fall den Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), einzugreifen.

Sicherstellung der Notfallversorgung

Begrüßenswert ist die Absicht, eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landeskrankenhausgesellschaften zu gewährleisten. Geplant ist unter anderem, Notfallleitstellen und integrierte Notfallzentren aufzubauen. Auch hier fehlen konkrete Festlegungen zur Refinanzierung. In Bayern wurde mit der Neuorganisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und der Einrichtung von Bereitschaftspraxen an Krankenhäusern gute Erfahrungen gemacht. Dieses Modell könnte damit als Vorbild für die Notfallversorgung dienen.

Wir brauchen hier vernünftige Lösungen. Bayerns Ärzteschaft ist bereit, sich in die anstehenden Beratungen konstruktiv einzubringen.

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